Schon meine Großmutter empfahl mir, dankbar zu sein und abends den Tag mit einem positiven Rückblick ausklingen zu lassen. Doch was hat das mit moderner Psychologie zu tun?
Eine Eigenschaft unserer Gefühle ist, dass manche davon nicht miteinander vereinbar sind. Wir können uns zum Beispiel nicht gleichzeitig wütend und glücklich fühlen. Dankbarkeit ist ein effektives Gegenmittel für negative Gefühle wie zum Beispiel Ärger, Neid, Feindseligkeit, Groll und Sorge. Und deshalb ist es überhaupt nicht altmodisch, Gelegenheiten für das Gefühl der Dankbarkeit im Alltag zu finden.
„Dankbarkeit ist das Gefühl des Staunens, des Dankbar-Seins und der Feier des Lebens“, so formuliert es Robert Emmons, einer der wenigen Forscher, der Dankbarkeit zu seinem Schwerpunkt gemacht hat. (Handbook of Positive Psychology 2002). Wir können einem anderen Menschen dankbar sein, dem Schicksal oder einer höheren Macht – von der Wirkung her fließt das alles sozusagen in einen Topf, denn dankbare Menschen sind nach neueren Forschungen insgesamt glücklicher, optimistischer, hilfsbereiter, einfühlsamer und religiöser bzw. spiritueller.
Der Dankbarkeit auf der Spur kommen
Ist Dankbarkeit die Ursache für Glück oder sind glückliche Menschen einfach von vornherein dankbarer? Um das zu klären, führte Robert Emmons verschiedene Studien durch. Wissenschaftliche Experimente umfassen immer eine oder mehrere Versuchsgruppen und eine Kontrollgruppe, bei denen die Wirkungen verglichen werden.
- Eine Versuchsgruppe in Emmons‘ Experiment sollte 10 Wochen lang abends fünf Dinge notieren, für die sie dankbar waren. Eine zweite Versuchsgruppe schrieb über fünf Ärgernisse des Tages und die Kontrollgruppe notierte fünf wichtige Dinge, die an diesem Tag geschehen waren. Das Ergebnis war eindeutig: Die Teilnehmer der Dankbarkeitsgruppe waren optimistischer und zufriedener mit ihrem Leben. Zudem erlebten sie sich als gesünder, denn sie litten weniger unter Kopfschmerzen wussten oder Schwindel. Und sie trieben mehr Sport.
- In einer weiteren Untersuchung mit Erwachsenen, die unter chronischen Krankheiten litten, und ebenfalls sogenannte „Dankbarkeits-Tage“ einführten, zeigte sich ein ähnlicher Effekt: die Teilnehmer der Dankbarkeitsgruppe erlebten mehr positive Gefühle (Interesse, Begeisterung, Freude, Stolz) fühlten sich sozial verbundener – und schliefen besser.
Viel hilft viel – oder?
Dankbarkeit trägt also wesentlich zu Wohlbefinden und Gesundheit bei. Doch wie ist das auf lange Sicht? Nutzt sich dieser Effekt irgendwann ab? Um das herauszufinden führten die Forscher eine weitere Studie durch.
Die Teilnehmer sollten abends in ihr Tagebuch fünf Dinge notieren, die an diesem Tag geschehen waren, und für die sie dankbar waren. Das Experiment lief über sechs Wochen:
- eine Gruppe schrieb einmal pro Woche, und zwar immer am Sonntag abend als Rückschau auf die vergangene Woche.
- Die zweite Gruppe schrieb dreimal pro Woche: am Dienstag, am Donnerstag und am Sonntag.
Allen Teilnehmern ging es im Lauf der Zeit besser. Doch nur bei einer Gruppe änderte sich das Glücksniveau nachhaltig: die Teilnehmer die einmal pro Woche in ihr Dankbarkeitsbuch schrieben, blieben langfristig glücklicher.
Hier die Erklärungen der Forscher, warum Dankbarkeit langfristig glücklicher macht:
Wer dankbar ist, kann positive Erfahrungen mehr genießen und erlebt weniger negative Gefühle wie Ärger, Eifersucht oder Schuld. Sein Selbstwertgefühl steigt und er kann leichter mit Belastungen umgehen. Wer dankbar ist, verhält sich hilfsbereiter, und das wiederum stärkt seine sozialen Beziehungen (übrigens sogar dann wenn er die Dankbarkeit nicht zum Ausdruck bringt, sondern nur still darüber nachdenkt bzw. schreibt).
Und da soll noch mal einer behaupten unsere Großmütter waren keine weisen Frauen!