Was macht unser Leben lebenswert? Die Positive Psychologie hat dafür den Begriff „Aufblühen“ geprägt und das bedeutet so viel wie: sein Potenzial entfalten, seine Stärken einsetzen und glücklich leben können.
Dieses „Aufblühen“ umfasst mehr als nur Fröhlichkeit und gute Gefühle, nämlich Sinn, Erfüllung, Leistungsbereitschaft und positive Beziehungserfahrungen. Das sind die Bausteine des Glücks. Oder, um eine andere Metapher zu nutzen: Die Säulen fürs Aufblühen.
Betrachten wir diese Bausteine des Glücks einmal einzeln. Worum geht es dabei?
Positive Emotionen
Angenehme Gefühle gehören zu einem glücklichen Leben. Also zum Beispiel Gefühle wie Spaß, Freude, Fröhlichkeit, Genuss, Entspannung… Und alle diese kennen wir bereits, wir müssen sie nicht lernen. Es geht vielmehr darum, dass wir lernen, diese wieder wahrzunehmen und ihnen mehr Raum in unserem Leben zu geben. Das kann uns dabei helfen, ein emotionales Polster aufzubauen, auf das wir uns stützen können, wenn unser Alltag einmal nicht so fröhlich ist.
Erfüllung: Flow
Kennst Du den Begriff „Flow“? Auch wenn Dir das Wort selbst vielleicht nicht geläufig ist, so kennst Du ganz bestimmt den Zustand, den es beschreibt: Wir vergessen Zeit und Raum – und gehen ganz auf in dem, was wir tun. (Hobby-)Musiker beschreiben diese Erfahrung, und auch Schriftsteller, Künstler und Handwerker, die ihre Arbeit gerne ausüben.
Flow entsteht dann, wenn wir unsere Stärken einsetzen und das gerne tun. Wer völlig entspannt in der Sonne liegt, der erlebt vielleicht völlige Ruhe und Zufriedenheit – doch Flow ist immer mit Aktivität und Engagement verbunden. Wir tun etwas und gehen darin auf.
Flow können wir immer nur rückblickend erkennen, denn im Flow gehen wir ganz auf in dem, was wir tun. Und hinterher haben wir oft das Gefühl, „aufgewacht“ zu sein. Flow trägt maßgeblich zum persönlichen Wohlbefinden bei. Kinder sind darin Meister: Flow ist für sie eine ganz selbstverständliche Qualität ihres Erlebens; z.B. wenn sie ganz im intensiven Rollenspiel aufgehen oder selbstvergessen beim Spazierengehen stehenbleiben, um die Spiegelung des Himmels in einer Pfütze zu betrachten.
Sinn
Was gibt meinem Leben Bedeutung? Wofür setze ich mich ein? Antworten auf diese Fragen helfen uns beim Aufblühen. Eltern möchten ihren Kindern Werte und Sinn weitergeben, besser noch: vorleben. Im Lauf der Zeit machen viele Eltern die Erfahrung, dass ihre Kinder den Gegenentwurf zu dem ihrer Eltern leben wollen. Im Rahmen des Heranwachsens und in der Pubertät ist das eine normale und notwendige Phase. Denn sobald ich sagen kann, was ich nicht will, bin ich bei der Frage, was ich will, schon einen Schritt weiter.
Leistungsbereitschaft
Wie können wir Freude daran entwickeln, unsere eigenen Stärken einzusetzen? Aufblühen bedeutet nicht nur, entspannt dazusitzen, sondern es hat sehr viel damit zu tun, das eigene Potenzial auszuschöpfen. Wer sich für seine persönlichen Ziele einsetzt, Zeit und Energie investiert und Erfolg damit hat, der trägt nachhaltig zum eigenen Wohlbefinden bei.
Zur Leistungsbereitschaft gehören auch so „altmodische“ Tugenden wie Ausdauer, Verzicht und Disziplin. Psychologen nennen das „Belohnungsaufschub“. Sie beschreiben damit die Fähigkeit, kurzfristig auf eine Belohnung, ein angenehmes Gefühl verzichten zu können, im Wissen, dass der positive Effekt langfristig größer sein wird. Jeder Sportler, jeder Musiker kennt das, ebenso jeder, der sich auf eine Prüfung vorbereitet. Und auch jede Mutter, jeder Vater, der oder die nachts von seinem Kind geweckt wird. Es ist sicher kein angenehmes Gefühl, aus dem wohlverdienten Schlaf gerissen zu werden. Doch für Eltern ist es selbstverständlich, denn sie wissen um den langfristigen Nutzen, wenn sie ihrem Kind nachts die nötige Sicherheit und Zuwendung geben, die es braucht, um ruhig weiterzuschlafen.
Untersuchungen haben übrigens gezeigt, dass für die Vorhersage des schulischen Erfolgs nicht etwa die Intelligenz (in Form des IQ-Wertes) ausschlaggebend ist, sondern viel mehr die Fähigkeit zum Belohnungsaufschub. Und die lässt sich in kleinen Schritten trainieren.
Positive Beziehungen
Glück erlebt sich am Besten zusammen mit Anderen. Nimm dir Zeit für persönliche Begegnungen. Menschen mit glücklichen Beziehungen leben nämlich länger! Alte Menschen, die einsam und ohne Bezugspersonen leben, sterben nachweislich früher als ihre Zeitgenossen, die in sozialen Beziehungen eingebunden sind – sei es der wöchentliche Kegeltreff oder das Kaffeekränzchen.
Bindung ist ein zentrales menschliches Grundbedürfnis. Psychologen sprechen davon, dass ein Kind „sicher gebunden“ ist, wenn es das Verhältnis zu seinen Bezugspersonen vertrauensvoll erlebt. Diese Bezugspersonen müssen nicht die biologischen Eltern sein, entscheidend ist, dass sie dauerhaft und zuverlässig für das Kind da sind. Sichere Bindung heißt: „Ich kann mich auf Dich verlassen. Du bist für mich da, nimmst mich an und sorgst für mich.“ Der Aufbau solcher tragfähiger Bindungserfahrungen beginnt ganz früh im Leben und ermöglicht dem Kind, seine Grenzen zu testen, um immer wieder sicherzustellen, dass Mama oder Papa auch wirklich da sind und bleiben. Sicher gebundene Kinder können starke Gefühle auch zeigen, weil sie die innere Sicherheit haben, dass sie mit ihren Emotionen angenommen werden.
Das sind einige Gedanken zu den fünf Säulen des „Aufblühens“. In der Grafik stehen diese Säulen auf einem Fundament, den persönlichen Stärken. Was haben diese Stärken nun mit Glück zu tun?
Glück bedeutet, das zu nutzen, was bereits da ist. Bei den persönlichen Stärken wird das besonders deutlich. Jeder von uns hat Stärken. Manche davon sind uns bewusst, andere weniger. Wenn Du Deine Stärken nutzt, dann kannst Du damit direkt etwas für Dein Wohlbefinden tun.
Wie findest du nun deine Stärken heraus?
- Frag Dich, was dir Spaß macht, was du gerne tust, wobei Du auch mal die Zeit vergisst.
- Frag Dich dasselbe und denk dabei an Früher: Was hast Du mit 15 gern gemacht? Was mit 20, was mit 25?
- Frag andere Menschen, die Dir nahestehen, was sie an Dir schätzen und welche Stärken sie in Dir sehen.